Die Story von den Unterkleidern

Um Frankfurt und Offenbach künstlerisch zusammen zu führen, musste ein Umweg über Brasilien genommen werden. Es war eine Gruppenausstellung 2007 in Olinda, SEM PALAVRAS · OHNE WORTE – Zeitgenössische Kunst aus Deutschland im Dialog: Brasilien, die den Anstoß zur Zusammenarbeit von EULENGASSE und dem Bund Offenbacher Künstler BOK gab. Es entwickelte sich, geprägt von künstlerischem Respekt und persönlicher Sympathie, schnell eine fruchtbare  Zusammenarbeit in mehreren Projekten.

Aber, wie gesagt, der Umweg über die Rossbreiten war nötig. Denn das Verhältnis Offenbach – Frankfurt ist traditionell ein eher schwieriges. Schon in der Geschichte wurde der Grundstein der späteren Animosität gelegt. Die Story, mit der alles begann:

Im Dreißigjährigen Krieg belagerte der Schwedenkönig Gustav Adolf mit seinen Truppen Frankfurt. Sein Hauptquartier hatte er im Isenburger Schloss, heute Perle von Offenbach, damals so ziemlich das einzige größere Gebäude im kleinen Fischerdörfchen. Die Frankfurter, denen schon damals attraktiver erschien, mit ihrem Reichtum bequem in ihren Häusern zu leben als tot wenn auch ruhmreich in die Geschichte einzugehen, bettelten um Schonung ihrer Stadt. Diese wurde schließlich gewährt, aber dafür mussten die Frankfurter Stadtherren barfuss und in der Unterhose  nach Offenbach kommen, um die Kapitulation zu unterschreiben. Dies geschah im Jahre 1631. Die Frankfurter haben es bis heute nicht verwunden. In Offenbach hat man nach Gustav Adolf eine Straße benannt.

Solch eine Schmach sitzt tief bei den vermeintlich Reicheren und Mächtigeren. Dennoch fühlten sich gerade die Frankfurter immer wieder magisch angezogen von der Nachbarstadt. Von der ‚freien Luft Offenbachs’ war im 18. Jahrhundert gerne die Rede bei Literaten und Poeten, auch ein Goethe fand den Weg hierher. In seinem Fall waren es die Reize der Bankierstochter Lili Schönemann, die das Dichterherz höher schlagen ließen, und, siehe da, wieder spielen Unterkleider eine direkte oder vielleicht auch eher  indirekte Rolle (wir wollen der schönen Lili ja nicht in ihrer Ehre zu nahe treten).

Frankfurt ist die bessere Adresse. Offenbach ist ein Slum. Zumindest sehen das die Frankfurter so, und, es sei geklagt, auch manche Offenbacher. Diese fühlen sich erst dann angenommen und angekommen, wenn sie in Frankfurt ausgestellt haben, geben in der Vita »Atelier bei Frankfurt« an. Aber neuerdings ändert sich die Stimmung: Beide Städte sind finanziell in der Krise. Frankfurt stellt sich mit seinem Museumsufer und Großprojekten in gewohnt großbürgerlicher Manier da. Und die ewige Pleitestadt Offenbach? Macht doch neuerdings tatsächlich  als Ort einer lebendigen Kunstszene von sich reden. Offenbach ist in. Offenbach ist edgy. Und nun kommen die Frankfurter Künstler, fast verschämt und am liebsten im Schutz der Dunkelheit über den Main geschlichen. »Billige Ateliers«, sagen sie, »interessante Ausstellungsmöglichkeiten«. Die Offenbacher sehen es gelassen: Sie kennen die Geschichte mit den Frankfurtern in den Unterhosen schon.

FANCLUB KNEIPENLANDSCHAFT

Nicht verwunderlich, es gibt mehr Fankneipen der Eintracht Frankfurt als von den Kickers Offenbach. Doch wo befinden sie sich? Eintracht-Fankneipen massieren sich in Alt-Sachsenhausen, Bornheim und auch ein wenig in Bockenheim. Ums Waldstadion (wir reden hier jetzt mal nicht von dieser Arena…) und rund ums Stadion am Riederwald gibt es kaum Fankneipen. Am Riederwald wurde 2010 das neue Sportleistungszentrum fertiggestellt, mit neuer Fangastronomie und Fanshop. Ganz anders in Offenbach: OFC-Fankneipen konzentrieren sich bis auf wenige Ausnahmen in einem Radius von 1 km um das Stadion am Bieberer Berg (auch ds neue 2012 eingeweihte Stadion hat einen Sponsoren-Namen, den sich bestimmt niemand merken wird). Und dort in Bieber finden Autofahrer auch die OFC-Tankstelle! Mit Kickers Shop.
Gilt eigentlich auch Obertshausen zu Offenbach gehörig? Nein? Dort ist nämlich das »Remedy«, die größte Fankneipe des OFC (Rembrücker Weg 94, 63179 Obertshausen).

Die Rivalität zwischen den Fußballvereinen Eintracht Frankfurt und Kickers Offenbach spiegelt das Verhältnis der Städte. Gründe für die gegenseitige Abneigung gibt es viele! Dazu zählt die umstrittene Aufnahme der Eintracht in die Bundesliga 1963. Die Kickers hatten das Nachsehen und liefen von da an der Eintracht sportlich meist hinterher. Obwohl: bei den bisher 145 Derbys hatten die Offenbacher mit 56 Siegen die Nase vorn, die Eintracht siegte nur 53 Mal (Stand 2010). Deswegen ist es immer etwas ganz besonders für die Fans und die Spieler, wenn es ein Derby zwischen der Eintracht Frankfurt und den Kickers Offenbach gibt. Auch wenn der OFC derzeit untergründig tief stapelt, in der Regionalliga Südwest, und daher ein Regionalderby in weite Ferne gerückt ist…